The Dackel 5
Arthur Lee, Belmondo, Du & Ich



Wolfgang Kienast, Visions:
Bei der aktuellen Veröffentlichungsschwemme im Genre ,Indierock mit deutschen Texten' machen The Dackel 5 keine schlechte Figur. Keine NDWsche Schlagerhaftigkeit, kein studentischer Hamburger-Schule-Stil. The Dackel 5, einst als Unser Kleiner Dackel bekannt, machen, wie ungezählte andere Bands zur Zeit, eingängigen deutschsprachigen Indie-Rock und -Pop und dabei eine ausgesprochen glückliche Figur beim Songwriting nebst ansprechend unpeinlichen Texten. The Dackel 5 gehören zur gediegenen Fraktion der Szene, was heißen soll, dass sie Menschen glücklich machen werden, die gut mit den Flowerpornoes, der Regierung und vor allem mit den Aeronauten können. Letztere auch deshalb genannt, weil deren Kopf Oliver Maurmann für die Produktion verantwortlich zeichnet. Old School also. Einziger Ausfall auf "Arthur Lee, Belmondo, du und ich" ist die Szenetypenbeschreibung "Andy Geländi", die auf einem Text von Knarf Rellöm basiert, sich aber wie eine Schorsch Kamerun-Kopie anhört. Und das kann das Original wirklich besser. Eine weitere Ausnahme, eine positive diesmal, bildet die gelungene Coverversion des Nothern-Soul-Überhits "The Snake" mit tief hängender Gitarre und druckvollem Bläsersatz. Bleibt noch die Frage, warum dieses Album so lange auf Eis gelegen hat. Alle Aufnahmen stammen aus dem Sommer 2001, was man wissen sollte, ist es doch der Beleg dafür, dass The Dackel 5 nicht auf einen bereits fahrenden Zug aufgesprungen sind. (8/12)


Jörg Utecht, triggerfish:
Es gibt absolute Tiefpunkte auf dieser nun endlich erschienen Platte der mittlerweile 5 (6?, 7?) Dackel. Tournée heißt der offensichtlichste: Mit einem Anfang, der nach Tocotronic der mittleren Jahre klingt, dann akustischer Instrumentierung, die den Focus auf den Text lenkt. Was fatal ist. Schaurig reimt sich auf traurig. “Wie kann es jemals zu weit gehen, wenn wir weiter zu zweit gehen?” Und schließlich, als Höhepunkt grammatikalischer Unvernunft und inhaltlicher Unbedarftheit singt Björn “Innen fröhlich, außen am Ertrinken”. Hintendrauf dann noch diese richtig fiese E-Gitarre.

Warum gerade diesen Menschen dennoch verzeihen? Nur weil sie die Kleinstadt-Apokalypse überlebt haben und nun schon seit Jahr und Tag ihr Glück in der großen Stadt am Rhein suchen? Weil es vielleicht wenige nettere Menschen gibt im Business als diese Dackel, die zu großen Teilen auch als Locas in Love firmieren? Oder weil bei großen Dingen sich eben auch zwangsläufig Abgründe auftun? Wie auch immer, es bleibt kein schaler Nachgeschmack, denn eingebettet ist der Song zwischen zwei der besten Stücke auf “Arthur Lee, Belmondo, Du und ich”: dem schön treibenden “Immerhin”, welches sich schon auf der Split-CD mit GUZ fand, sowie der Adam-und-Eva-Adaption von Oscar Brown Jr. – dem Northern-Soul-Klassiker “The Snake”. Letzteres ist nahe am Original eingespielt, zum Glück.
Björn Sonnenberg ist kein großer Lyriker, aber ein guter Beobachter. Einer, der einfache und direkte Worte findet. Auch wenn er gerne mal das R verschluckt am Ende von Worten. Kein Mann, der ausgezogen ist, den x-ten Beweis zu führen, dass deutsche Sprache in Rocksongs funktioniert und es beiläufig auf seine charmante Weise tut. “Wir müssen zerstören” ist so ein “Rocksong”. Ein Thema, dass seit 40 Jahren jede Band, die sich einen Funken Bewusstsein bewahrt hat, variiert, sowohl inhaltlich, als auch musikalisch. Wenn es alle so gut machten, wie The Dackel 5, wäre die Welt besser und weniger “had to be destroyed”.
Habe ich also doch noch die Kurve gekriegt in Richtung Kernaussage: Die Fünf machen nichts Neues. Und das gut. Kleine Melodien, Mut zu folkigen Ausflügen inmitten fast klassischem Singer-Songwriter-Zeugs. Hin und wieder Aussagen, die treffen in’s Herz oder doch auf den Kopf. Den berühmten Nagel. Zu Sitarklängen – und bevor im nächsten Lied zur Kuhglocke geposed wird - leistet Björn fast allgemeingültige Vergangenheitsbewältigung:
“Meine Eltern geben mir Geld und haben mich nicht geschlagen,
im Prinzip haben wir uns sogar meistens vertragen.
Und ich weiß: sie sind die üblichen CDU-Ärsche und es klingt ok.
Nur wenn es jemand anderes sagt, tut es mir weh.”
Eigentlich ist es selbstverständlich bei Menschen, deren Musiksucht heftig zwischen Dylan und den Gallaghers pendelt, dass sie immer wieder stilistische Best-Of-Platten machen.
Also gilt: Lieber gut geklaut als schlecht selbst gemacht. Und übrigens: Dass die 15 Songs fast zwei Jahre geruht haben, bevor sie dann nun endlich publiziert werden, und dennoch funktionieren, rechtfertigt umso mehr das Prädikat „zeitlos“.

Matthias Weber, Intro:
Neuer Name, alte Schule: "Weg vom Niedlichkeits-Image, hin zum Altherrenrock!" schrieb sich TBFKAUKD (The Band Formerly Known As Unser Kleiner Dackel) auf ihre Fahnen und darunter gleich den neuen Bandnamen, was um Himmels willen nicht negativ gemeint ist, sondern auf die
musikalischen Vorbilder anspielt: Velvet Underground, T.Rex, Love, Buzzcocks - allesamt betagtere Rocker als unser 22jähriger Protagonist Björn Sonnenberg. Dennoch ist das hier alles andere als altbacken - vielmehr mußte das vorliegende Album (produziert von GUZ) erst mal 2 Jahre im Keller lagern, bevor es veröffentlicht wurde, so sehr war es seiner Zeit voraus. Das merkte wohl auch Knarf Rellöm, der für den Song "Ändi Geländi" Text und Stimme zur Verfügung stellte. "Honkytonkmann" (benannt nach einem Clint-Eastwood-Film, da haben wir die greisen Vorbilder wieder) kennt man als eins der Highlights vom "Pop You 2"-Sampler, und auch der Rest
ist sowohl Ohrenschmalz als auch Seelenbalsam. Die Songs handeln vom Erwachsenwerden, sind ehrlich und unprätentiös, und weil das alles so gar nicht zum hippen Shoegazer-Trainingsjackenträger-Pop passen will, machen The Dackel 5 (das "5" wird übrigens englisch intoniert) lieber gleich auf großes Bühnen-Entertainment. Und das gelingt ihnen ganz hervorragend.

Katja Müller, Ostsee-Zeitung:
Nein, keine neue Kombo. Sie hieß einst „Unser Kleiner Dackel“. Um Missverständnissen über das jüngste Werk „Arthur Lee, Belmondo, Du & Ich“ vorzubeugen: Weder der 60er-Jahre Psychedelic-Freak Arthur Lee noch Jean-Paul Belmondo haben ihre Finger im Spiel gehabt, wohl aber der Geist der angegrauten Genialitäten. Lyrische Querverweise inklusive. Instrumental wandert das Album über Gitarre, Sitar oder Kontrabass, Harmonium und Drehleier. Nicht gerade typisch für deutschsprachigen Indierock, der u.a. betitelt ist mit „Andy Geländy“ oder „Selbstbildnis in innerer Unruhe“ – irgendwo zwischen Strawberry Fields und Yellow Submarine. Zuhören lohnt sich bei den fünf vierbeinigen Gesellen aus Mühlacker. Und dass, obwohl der kleine Mann im Ohr mehr als einmal meint, es mit einer Reinkarnation diverser Altmeister zu tun zu haben.

Sebastian Herrmann, Teleschau:
Was ist deutscher als ein Dackel? Vielleicht der Deutsche Schäferhund, steckt ja schließlich schon im Namen des lieben Viehs. Aber ein Schäferhund ist mit Assoziationen zwischen Autorität, Polizei, Kraft, Gehorsam und ähnlichen tollen Tugenden beladen. Ein vertonter Schäferhund würde also eher hart klingen, zackig, vielleicht nach Marschrhythmus. Oder auch nach schweren Riffs. Ein Dackel ist da anders, sanfter und auch betulicher. Ein Dackel tut niemandem etwas zuleide, über so ein Tier kann man sich nur ärgern, wenn man in einen Haufen Dackel-Kacke getreten ist. Aber zurück zur Musik: Da gibt es eine Band, die bisher auf den Namen Unser kleiner Dackel gehört hat und damit immerhin fünf Platten voll Deutsch-Indie-Pop veröffentlicht hat. Ist schon ein seltsamer Bandname, was wohl auch die Beteiligten gedacht haben. Jetzt nennen sie sich jedenfalls The Dackel 5. Ein guter deutscher Dackelname, leicht einamerikanisiert, unter dem nun mit "Arthur Lee, Belmondo, Du und Ich" das sechste Album der Band erschienen ist.

Zwei Songs, "Immerhin" und "Peter Peretts Seele", sind für die geneigten Dackelfreunde nicht mehr unbekannt. Beide Stücke hat die Band vor rund einem Jahr auf einem Split-Album mit Guz, dem Sänger der Aeronauten, veröffentlicht. Sonst sind The Dackel 5 ein wenig vom bekannten Konzept - Indie-Gitarren-Geschrammel, eigenwillige bis verschroben-betuliche Texte - abgewichen und haben das eigene Spektrum erweitert. Amerikanische Anklänge sind so nicht nur im Bandnamen zu finden, sondern auch auf musikalischer Ebene. Da sind mit "The Snake" ein auf Englisch gesungenes südstaatlich-bluesiges Stück oder mit "Honkytonkmann" ein Lied, in dem so etwas wie eine Steel-Guitar im Spiel sein muss. Bei "Wir bauen uns ein Boot" klingt die Band gar ein wenig nach Western und durch die Bläser schließlich auch nach Mexiko. Auch vor dem amerikanisch angehauchten Underground-Giarrenbrett à la J Mascis machen die 5 Dackel nicht Halt ("Tournée") und ziehen so einen wunderbaren Bogen zwischen bekanntem deutsch-sprachigem Indie-Pop, amerikanischen Songwriting und etwas ganz dackelhaft Eigenwilligem, zu dem auch Guz und Knarf Rellöm ihren Teil beigetragen haben. Zugegeben, das klingt alles sehr speziell und abgehoben, nach Nischenmusik für Hornbrille tragende Ewig-Abiturienten, die sich Zeit ihres Lebens missverstanden fühlen. Doch eigentlich ist das hier nicht mehr und nicht weniger als eine tolle Gitarrenpop-Platte.

Oliver Ding, Plattentests Online:
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Es gibt schon seltsame Bandnamen. The Dackel 5 ist einer davon. Unser Kleiner Dackel ein weiterer. Aber diesen Namen hat das Kollektiv aus dem beschaulichen Mühlacker für sein sechstes Album hinter sich gelassen. Man könnte jetzt von Glück, Verstand und ähnlichem reden, wäre der neue Name nicht nur geringfügig cooler. Aber was sind schon Namen? Schall und Rauch.

Womit wir auch schon beim Klang von "Arthur Lee, Belmondo, Du und ich" wären. Das schallt und raucht nämlich ganz ordentlich. Nur bedingt gezügelt röhren die sechs Saiten in konstruktiven Hymnen wie "Wie müssen zerstören". Es scheppert das Schlagzeug, es quietscht die Kinderorgel, und der Dackel wedelt freundlich mit der Rute. Und dennoch kommt nie der Eindruck von Hektik auf; viel zu abgeklärt klingen die im Schaffhauser Studio von Aeronaut Oliver Maurmann produzierten Songs.
Irgendwo zwischen neuer Befindlichkeit und fabuliertem Diskurs nölt Björn Sonnenberg seine Zeilen, als seien sie eben erst mitten aus dem Leben gefallen: "Denn zwischen Schmerz und Selbstmitleid sind Gespräche / Zwischen Selbstmitleid und Hoffnung ist Ruheruheruhe / Und ich möchte, daß alles einfach in Ordnung ist." Wer würde sich das nicht wünschen? Statt sich also in Melancholie zu wälzen, tritt sich dieser Dackel selber ins Gesäß. Er ist Loser und Poet gleichzeitig und kennt die Schnittmengen von "Herz Schmerz Scherz". Mal Gitarrensau, mal Lagerfeuerklampfer, mal von den Sechzigern träumender Geschichtenerzähler. "Und immerhin kann ich bleiben wie ich bin."


Ullrich Maurer, Gästeliste:
The Dackel 5 sind natürlich niemand anderes als Unser Kleiner Dackel. Dass die Jungs (und Mädel Stefanie Schrank) dennoch nicht so richtig erwachsen geworden sind, zeigt sich z.B. darin, dass immer noch ein Dackel im Bandnamen rummacht. Musikalisch sieht das schon ganz anders aus: Eine so dermaßen nonchalante und erwachsene Mixtur aus allem, was der Rockwelt heilig sein sollte, hat eine Kölner Band schon seit langem nicht mehr zu einer dann doch wieder eigenständigen Melange verquickt. Was heißt seit langem nicht mehr: Eigentlich gab's so was noch nie. Denn dass The Dackels alles richtig machen, zeigen schon alleine die Eck-Konstanten. Wo z.B. andere Kölner Bands - wie die Bläck Fööss - etwa Karl May, Tünnes und Schäl als Einflüsse einfließen lassen, sind dies bei den Dackels Arthur Lee und Gott. Und dann gibt es Rock und Musik und Trompeten und Pop und Country und Mandolinen und Sätze wie "Kauf Knochenmark auf dem Wochenmarkt" ohne dass das allzu infantil, peinlich oder nervig wird. "Janeeh!", wie der Kölner ausriefe, "den janzen Tach traurisch sein, künnt isch ja nit!" Also darf zwischendurch auch mal geschmunzelt werden. Und dennoch sind die Dackels ernsthafte Musikanten und Musikfreunde - gerade das unterscheidet sie dann auch von vielen der aktuellen bloßen Spaßbands (die dafür dann aber ggf. in den Charts wohnen dürfen). Ach gäbe es doch mehr Bands wie Björn Sonnenberg und seine 5 Freunde (und Gaststar Knarf Rellöm) - dann wäre das schon sehr viel einfacher mit dem Verhältnis der Deutschen zu ihrer Musikkultur und ihrem Über-Ich und auch zu Belmondo.

Pforzheimer Zeitung:
Unser kleiner Dackel hat fünf Platten voll Deutsch-Indie-Pop veröffentlicht. Jetzt nennen sie sich The Dackel 5 und legen mit „Arthur Lee, Belmondo, Du und Ich“ das sechste Album vor. Dabei sind sie vom eigenwilligen bis verschrobenen Indie-Gitarren-Geschrammel mit betulichen Texten abgewichen und haben einen wunderbaren Bogen zwischen bekanntem deutsch-sprachigem Indie-Pop und amerikanischem Songwriting gezogen.