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Locas In Love

Dieser Text ist extrem veraltet:

Locas In Love;
dt. 'verrückte verliebte Mädchen'
In der Männerdomäne Rockmusik gibt es vermutlich nichts, was erwünschter ist als verrückte verliebte Mädchen. Glücklicherweise will die Band mit diesem Namen mit diesem dummen Klischee ebensowenig zu tun haben wie mit der Männerdomäne Rockmusik. Und gibt es zwar kaum etwas Unoriginelleres als bei der Wahrnehmung einer Band mit ihrem Namen anzufangen (viel zu schnell kommen Dummheiten als Ergebnis heraus, wenn Radiomoderatoren oder Musikjournalisten des alten Schlages bzw. Lokalzeitungsredakteure sich zum Einstieg in einen Artikel einen Spaß mit dem Namen einer Band oder seiner Bedeutung erlauben; als Beispiel mögen die Guns 'n' Roses oder die Scorpions die Phantasie der Leser anregen), aber ich möchte es dennoch versuchen. Denn wenn es neben einigen anderen schon einmal zwei grundlegende Schlagworte für die Locas In Love und ihre Musik gibt, so sind es gewiß Verrücktheit und Liebe. Und vielleicht auch Weiblichkeit, je nachdem, was man darunter verstehen mag.



Die Locas In Love sind ein Liebespaar mit einem Freund, also ein Rocktrio. Und beim Konzert, wenn noch ein Schlagzeuger auf der Bühne sitzt, gar ein Beat-Quartett. Ihr Zauber ist schnell erfaßt und langsam erklärt, ich will es dennoch wagen. Als hätte die Gruppe sich mit Imageberatern abgesprochen oder zumindest eine gewisse Ahnung von erfolgversprechender Rollenkonstellation fügen sich der schüchterne Niklas (er symbolisiert die Leidenschaft), wenn er auf der Bühne mit seiner Gitarre verschmilzt, die anmutige Stefanie (Sehnsucht), die singt und die Baßgitarre spielt, als käme sie extra für die Konzerte mit den Locas aus einer geheimnisvollen Welt zugereist und der charmant-charismatische Björn (lebensbejahende Abgeklärtheit), der vermutlich selbst dann liebenswert und cool bleibt, wenn er kurz davor ist, einem eine satte Backpfeife zu geben, zu einer unwiderstehlichen Gruppe zusammen.
Mit ihrer Musik erfinden sie möglicherweise keine neuen Räder. Wozu auch? Nach den Beatles und Punk hätte die Musik wissenschaftlich gesehen stehenbleiben können, was sie gottseidank nicht tat. Die Locas In Love spielen in erster Linie nicht Musik, sondern Songs. Und diese Songs gehören zu den schönsten, feinfühligsten, intelligentesten und mitreißendsten, die ich seit langem hören durfte. Und während sich die Band sicher grob in einer Ecke ansiedeln läßt, die im Musikmagazin Rolling Stone 'urban country' oder 'Americana' hieße, ist es bei genauerer Betrachtung des Repertoires etwas mehr. Versuchen wir es: die majestätische Ruhe von Lambchop, die Überzeugungskraft von Velvet Underground, das Charisma von Chris Isaak und manchmal (bei den ein bis zwei lauteren Songs pro Veröffentlichung) gar die einfache Kraft der Ramones und bildschöne Wildheit der Pixies. Alles getragen von den unverwechselbaren Stimmen von Björn und Stefanie, die manchmal auf so erstaunliche Weise zueinander finden, daß man sich beinahe als Voyeur bei einer Vereinigung in Liebe fühlt.
Als wäre das, was die Locas In Love tun nicht schon eindrucksvoll genug, kommt noch hinzu, daß die Gruppe erst seit so kurzer Zeit zusammenspielt, daß es unheimlich wird. Seit dem Herbst 2001, der noch kein Jahr zurückliegt, gab es drei Veröffentlichungen - drei EPs - die die schnelle Entwicklung der Band aufzeigen; sicher auch in den zahlreichen Konzerten begründet.
Die Liveband Locas In Love ist sowieso ein Thema für sich und wenn Sie, liebe Leserin, lieber Leser, bereits das Vergnügen hatten, ein Locas-Konzert zu sehen, werden Sie mir in meinen Ausführungen zustimmen. Obschon das Wort Charme leider oft dazu dient, eine schmierige Albernheit zu benennen, möchte ich es doch einflechten. Denn selten habe ich es erlebt, daß eine Band derart charmant auftritt wie die Locas In Love. Ihre Songs, manchmal erhaben, manchmal wie ein guter Kumpel, präsentieren sie höflich und witzig. Daß Bands ihr Publikum ansprechen und einbeziehen ist sicher nicht neu, doch die Unaufdringlichkeit der Locas In Love hierbei ziemlich einzigartig. Es entsteht ein Gefühl als könnte alles passieren, alles was in diesem Moment schön wäre. Und am Ende jedes Konzertes nehmen sich die Musiker bei den Händen und verbeugen sich am Bühnenrand tief vor ihrem Publikum. Was bei Bon Jovi albern und schmierig wirkt, wirkt bei den Locas In Love wie eine ehrliche Bekundung von Respekt. Man kann nicht anders, als sich sofort zu verlieben. Sich verrückt zu verlieben.

Jimmy G. Kroll, Musikjournalist im Herbst 2002


Diskographie:

2001 Río Veneno EP (CD), Wald & Wiesen Tonträger
2002 A Robot Can Make A Hole In The Ground EP (10"/CD), Kontra
:::::: Música De La Concha EP (CD), Hobby Deluxe
2003 Die Apokalypse & El Loco Roco... Splitsingle mit Katze (7"), Krautpop
2004 What Matters Is The Poem (LP/CD), Hobby Deluxe/Sitzer/Indigo
2006 Locas In Love s/t EP (CD), Sitzer/Broken Silence
2007 Saurus (LP/CD), Sitzer/Virgin/EMI

Alles weitere auf der Homepage der Band:

www.locasinlove.com